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Wie werbe ich als Handwerksbetrieb erfolgreich um junge Arbeitnehmer? Strategien und konkrete Ratschläge

AdobeStock_127861733_Bild (c) Adobe Stock, Robert KneschkeBild © Adobe Stock, Robert Kneschke

Der Fachkräftemangel im Handwerk ist eine der größten Herausforderungen für viele Betriebe in Deutschland. Laut einer Studie des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) fehlen aktuell rund 250.000 Fachkräfte in den handwerklichen Berufen - die Neuigkeiten zum Fachkräftemangel im Handwerk klingen besorgniserregend.

Das Problem liegt nicht in dem Umstand begründet, dass handwerkliche Fähigkeiten und Berufe überflüssig geworden sind. Wer auf der Suche nach einem Heizungsinstallateur oder Dachdecker ist, wartet oft mehrere Wochen oder länger auf die Erledigung seines Auftrags. Wo die Nachfrage nach Arbeitskraft groß ist, ist die Bezahlung der Arbeitnehmer zumindest angemessen. 43.000 Euro brutto verdienen Handwerker durchschnittlich im Jahr. Ein Meistertitel lohnt sich noch immer und schlägt mit einem Mehrverdienst von etwa 15.000 Euro jährlich zu Buche.

Diese Beträge sind mit den Gehältern in den meisten anderen Branchen vergleichbar. Dennoch gehen dem deutschen Handwerk die Fachkräfte aus. Für Betriebsinhaber bedeutet dies, dass sie um den Fortbestand ihres Lebenswerks bangen. Für Kunden sind ärgerliche Wartezeiten die Folge.

Wie können Handwerksbetriebe erfolgreich um junge Arbeitskräfte werben, sie halten und motivieren?

Auszubildende verstehen und halten – wie denkt die Generation Z?

Generation Z am SmartphoneBild © Adobe Stock, Alessandro Biascioli

Die Generation Z umfasst die zwischen Mitte der 1990er und 2010 Geborenen, die mit mehr als 11,5 Millionen (potenziellen) Erwerbstätigen den Nachwuchs auf dem Arbeitsmarkt darstellen. Die Generation zeichnet sich vor allem durch eine hohe digitale Kompetenz und soziales Engagement aus. Forscher weisen darauf hin, dass es sich bei der Generation Z um die erste „globale Generation" handelt.

Junge Menschen, die ab Mitte der 1990er-Jahre aufgewachsen sind, haben in ihrer Jugendzeit einschneidende gesellschaftliche Veränderungen erlebt. Viele Mitglieder der Generation Z haben die wichtigsten Jahre ihres Lebens während der Corona-Pandemie verbracht und unter den Einschränkungen gelitten. Es ist naheliegend, dass junge Arbeitskräfte deshalb ein erhöhtes Bedürfnis nach Flexibilität und Unabhängigkeit haben. Dies zeigt sich beispielsweise an der hohen Wechselbereitschaft, die auch als „Job-Hopping" bekannt ist. Vielen Mitgliedern der Generation Z liegt wenig daran, die Karriereleiter innerhalb eines Unternehmens emporzuklettern. Stattdessen halten sie ständig nach neuen Arbeitsgelegenheiten Ausschau. Ein hohes Gehalt ist für die Mitglieder der Generation Z zwar immer noch von Bedeutung, aber nicht mehr das einzig ausschlaggebende Kriterium, um sich für oder gegen einen Job zu entscheiden.

Junge Arbeitskräfte legen Wert auf ein angenehmes Betriebsklima und eine Firmenphilosophie, die ihren sozialen und ökologischen Ansprüchen gerecht wird.

Als Generation, die mit Computern, Smartphones und dem Internet aufgewachsen ist, bevorzugt sie zudem warme und trockene Arbeitsplätze, idealerweise vor dem Bildschirm.

Der Fachkräftemangel im Handwerk – eine Problemanalyse

Nicht allein eine veränderte Arbeitseinstellung oder ein Wandel der beruflichen Präferenzen junger Arbeitnehmer ist ursächlich für den Fachkräftemangel im Handwerk. Verschiedene Trends und eine überwiegend starke Konjunktur haben in den vergangenen Jahren zu einer verstärkten Nachfrage nach handwerklichen Produkten und Dienstleistungen geführt. Zu nennen ist etwa die Energiewende, die für volle Auftragsbücher bei Handwerksbetrieben sorgt.

Daneben verringert sich die Zahl der Schulabgänger seit Jahren; weniger Geburten in den vergangenen Jahrzehnten wirken sich nun in Form eines geringeren Angebots an Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt aus.

Daneben liegt ein Imageproblem des Handwerks vor. Junge Menschen assoziieren handwerkliche Tätigkeiten mit anstrengender Arbeit bei Wind und Wetter, die wenig Raum für Selbstentfaltung und die gewünschte Work-Life-Balance bietet. Die Mitglieder der Generation Z wenden sich deshalb lieber Bürotätigkeiten zu, die sie zudem als besonders zukunftssicher erachten.

Welche Schritte ergreift die Politik?

Die Politik hat erkannt, dass der Fachkräftemangel im Handwerk eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung darstellt. Sie hat deshalb angekündigt, verschiedene Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation zu verbessern:

Geplant ist, die Berufsberatung an Schulen zu verbessern, die Qualität der dualen Ausbildung im Handwerk zu steigern und den Rechtsanspruch auf Weiterbildungsmaßnahmen zu stärken.

Konkrete Ratschläge und Informationen zum Fachkräftemangel im Handwerk durch die Politik bleiben bislang jedoch aus.

Das Handwerk fordert daher mehr Transparenz und Beteiligung bei der Gestaltung und Umsetzung dieser Maßnahmen. Es verlangt auch mehr Unterstützung bei der Anwerbung und Integration von qualifizierten Fachkräften aus dem In- und Ausland. Es appelliert zudem an die Gesellschaft, das Image und die Wertschätzung des Handwerks zu erhöhen und die Vielfalt und Zukunftsfähigkeit seiner Berufe anzuerkennen.

Gleichwohl greift der Reflex, allein die Politik zum Handeln aufzufordern, zu kurz: Junge Arbeitskräfte, die Arbeitgeber oder gar eine ganze Branche als wenig attraktiv erachten, lassen sich durch politische Maßnahmen und gezwungen wirkende Imagekampagnen kaum davon überzeugen, einen Ausbildungsvertrag zu unterzeichnen.

Es liegt an den Betrieben selbst, ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern und nicht allein auf die Wirkung öffentlicher Kampagnen zu vertrauen.

Mitarbeiter finden im Handwerk – Strategien und Vorgehensweisen

Tischler und Azubi reichen sich die HandBild © Adobe Stock, pressmaster

Um bei steigender Nachfrage nach handwerklichen Dienstleistungen bei einem gleichzeitig sinkenden Angebot an Arbeitskräften erfolgreich um junge Arbeitnehmer zu werben, sind die Handwerksbetriebe gefordert, Lösungen zu entwickeln und etwas Neues zum Thema Fachkräftemangel im Handwerk anzubieten.

Die Generation Z und das Handwerk haben durchaus Berührungspunkte: Die jungen Arbeitnehmer schätzen handwerkliche Berufe als wichtig für die Gesellschaft ein, als persönliche Karriereoption kommen sie jedoch nur selten in Betracht. Nach einer im Jahr 2018 veröffentlichen Studie kommt eine handwerkliche Ausbildung nur für rund 17 % der Jugendlichen infrage.

Die Generation, die als erste aktiv gegen den Klimawandel vorgeht, ist sich der Wichtigkeit der Energiewende und der diesbezüglichen Bedeutung des Handwerks bewusst.

Dieser Berührungspunkt ist eine der Gelegenheiten, die Handwerksbetriebe nutzen können, um Azubis zu finden.

Welche konkreten Möglichkeiten existieren, um die Zukunft des Handwerks und seiner Mitarbeiter zu garantieren?

Die Rekrutierungspraxis hinterfragen

Eine typische Stellenanzeige im Handwerk sieht etwa so aus:

Wir sind ein Handwerksbetrieb mit langjähriger Erfahrung in den Bereichen Sanitär, Heizung und Klima. Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen motivierten und zuverlässigen Anlagenmechaniker (m/w/d) zur Verstärkung unseres Teams. Wir bieten einen attr. Arbeitsplatz in einem kollegialen Team, eine leistungsgerechte Vergütung nach Tarifvertrag und einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Des Weiteren folgt eine Beschreibung, welche Voraussetzungen Bewerber mitzubringen haben.

Eine solche Stellenanzeige wirkt bodenständig und seriös – mehr aber nicht. Welcher Betrieb bietet keinen attraktiven Arbeitsplatz und kein kollegiales Team? Ebenso ist eine „leistungsgerechte Vergütung nach Tarifvertrag" eine Selbstverständlichkeit, die keiner Betonung bedarf.

Unterschiedlichste und oft äußerst flüchtige mediale Eindrücke umgeben die technikaffine Generation Z. Sie nehmen eine standardisierte Stellenanzeige kaum wahr, wenn sie zum Beispiel eine Jobbörse im Internet aufrufen.

Worauf es ankommt, ist Kreativität: Um Auszubildende zu finden, bedarf es deshalb einer Stellenanzeige, die die Aufmerksamkeit junger Arbeitnehmer auf sich lenkt und sie dazu motiviert, sich näher mit einem Handwerksbetrieb zu befassen.

Zu einer veränderten Rekrutierungspraxis gehört die Nutzung anderer Kanäle: Um junge Azubis zu finden, empfiehlt es sich, vor allem Stellenanzeigen auf digitalen Plattformen zu veröffentlichen; eine klassische Annonce in der Zeitung kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bei der gewünschten Zielgruppe an.

Die Wichtigkeit des Handwerks verdeutlichen

 Handwerksbetriebe können das Umweltbewusstsein der Generation Z dazu nutzen, um Nachwuchskräfte zu werben.

Junge Arbeitnehmer legen viel Wert auf Nachhaltigkeit und eine sinnstiftende Beschäftigung. Sie möchten nicht nur Geld verdienen, sondern einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten und sich für das Gemeinwohl einsetzen. Die Mitglieder der Generation Z wissen, dass sie verantwortungsvoll mit Ressourcen umgehen müssen und die Gesellschaften innovative Lösungen benötigen, um die drängenden Probleme der heutigen Zeit zu lösen.

Das Handwerk und die Bekämpfung des Klimawandels sind untrennbar miteinander verbunden. Diesen Kausalzusammenhang zu verdeutlichen, bietet Betrieben die Chance, junge Arbeitnehmer „bei der Ehre zu packen" und sie zur tatkräftigen Mitwirkung an der Energiewende zu motivieren.

Authentizität erarbeiten und bewahren

Die Generation Z ist aufgrund ihrer Technik- und Medienaffinität gut informiert und nutzt verschiedene Kanäle, um sich über potenzielle Arbeitgeber zu informieren. Sie belohnt nicht nur solche Unternehmen mit ihrer Arbeitskraft, die sich für die Umwelt und die Gesellschaft einsetzen, sondern verlangt Authentizität. Die Mitglieder der Generation Z sind mit dem Überprüfen von Fakten unter Nutzung des Internets bestens vertraut. Arbeitgeber, die ein soziales und ökologisches Gewissen vortäuschen, strafen sie ab.

Die jungen Arbeitnehmer kennen die meisten Bewerbungs- und Jobportale und wissen, wo sie kritische Aussagen von Arbeitskräften finden, die aktuell bei einem Betrieb beschäftigt sind oder ehemals beschäftigt waren. Stellen potenzielle Nachwuchskräfte fest, dass die Selbstdarstellung eines Handwerksbetriebes nicht mit den Erfahrungsberichten der Arbeitnehmer harmoniert, werden sie von einer Bewerbung absehen.

Authentizität ist ebenso erforderlich, wenn es um die Aufrechterhaltung der Mitarbeitermotivation geht: Es genügt nicht, Auszubildende in einen Ausbildungsvertrag zu locken, um ihre Bedürfnisse anschließend zu übergehen. Das nach außen kommunizierte Bild der betrieblichen Philosophie darf keine bloße Fassade sein, sondern muss den betrieblichen Geist verkörpern.

Flexible Arbeitsmodelle

Um ein attraktives Handwerk für die Jugend zu schaffen, ist die Abkehr von klassischen Arbeitsstrukturen erforderlich. Die Generation Z legt viel Wert darauf, Beruf und Privatleben bestmöglich in Einklang zu bringen. Das Homeoffice dürfte bei handwerklichen Tätigkeiten selten infrage kommen, doch Betriebe tun gut daran, Flexibilität bei den Arbeitszeiten zu ermöglichen. Junge Arbeitskräfte sind eher zu einer Ausbildung im Handwerk bereit, wenn sie nicht erwarten müssen, den Rest ihres Berufslebens in starren Strukturen zu verbringen.

Beispiele für erfolgreiches Recruiting im Handwerk

Schreinermeister an der Säge mit AzubisBild © Adobe Stock, Robert Kneschke

Das Handwerk ist keine Branche, die in ihren letzten Zügen liegt und von jungen Arbeitnehmern belächelt wird – dies stellen einige Betriebe erfolgreich unter Beweis.

Mischler (2017) zeigte, dass junge Arbeitskräfte handwerkliche Ausbildungsberufe umso attraktiver einschätzen, je mehr sie mit moderner Technologie assoziiert sind.

Für Handwerksbetriebe ergibt sich daraus die Möglichkeit, auf klassischen Messen um Nachwuchskräfte zu werben, da diese die Gelegenheit bieten, die Nutzung moderner Techniken in Handwerksberufen zu demonstrieren. Diese Vorgehensweise ist mit einer zielgruppengerechten Ansprache auf den Kanälen, die junge Arbeitskräfte nutzen, zu kombinieren, um einen optimalen Effekt zu erzielen.

Mitarbeiter finden für den Innenausbau

Einige Unternehmen, die Mitarbeiter für den Innenausbau finden möchten, zeigen jungen Auszubildenden auf, dass sich digitale Technologien und das Handwerk nicht gegenseitig ausschließen. Sie werben mit spannenden Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in den Bereichen CAD und CNC und ermöglichen die Teilnahme an Kursen zum Projektmanagement. Zudem stellen Sie ihren Bewerbern attraktive Arbeitsbedingungen in Aussicht, die den Ansprüchen der Generation Z genügen – dazu gehören flexible Arbeitszeiten und ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement.

Mitarbeiter finden für den Außenbau

Unternehmen, die ihren Schwerpunkt im Außenbau haben, müssen junge Auszubildende überzeugen, dass auch Tätigkeiten unter widrigen Witterungsbedingungen ihre Reize haben.

Dazu ist es hilfreich, den angehenden Auszubildenden zu verdeutlichen, welchem Zweck ihre Arbeit dient, sodass sie sich überzeugen lassen, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen. Bei Betrieben, die Solaranlagen installieren, ist dies unproblematisch. Andere Handwerksfirmen zeigen auf, wie die Arbeit dazu beiträgt, die Umgebung und das Leben der Menschen zu verbessern. Die Generation Z schätzt es, Teil eines Projekts zu sein, das über die bloße Verrichtung einzelner Tätigkeiten hinausgeht. Es kommt deshalb darauf an, ein betriebliches Leitbild zu etablieren, das sich in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext einfügt.

Frauen im Handwerk - wie gewinne ich weibliche Arbeitskräfte?

Schreinerin an der SägeBild © Adobe Stock, Robert Kneschke

Das Handwerk ist traditionell eine Männerdomäne. Frauen und das Handwerk, das passt nicht zusammen.

Dies ist ein Irrtum!

Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich die Rollenbilder nicht nur im Privatleben, sondern auch in der Berufswelt verändert.

In den akademischen Berufen hat sich dieser Wandel längst vollzogen: Waren zu früheren Zeiten beispielsweise in Krankenhäusern männliche Ärzte und weibliche Krankenschwestern anzutreffen, so hat sich bis heute eine weitgehende Gleichstellung vollzogen.

Das Handwerk hinkt in dieser Beziehung noch einige Jahre hinterher. Es ist noch immer ein verbreitetes Klischee, dass sich Frauen bei der Arbeit nicht die Hände schmutzig machen und keine „gefährlichen" Tätigkeiten verrichten sollten.

Dies verkennt den Umstand, dass inzwischen viele Handwerkerinnen auf den Baustellen der Bundesrepublik arbeiten und ihrem Beruf mit großer Begeisterung nachgehen.

Um die Bereitschaft weiblicher Arbeitskräfte zur Aufnahme einer Tätigkeit im Handwerk zu fördern, eignen sich vor allem gezielte Ansprachen an junge Frauen, die auf Ausbildungssuche sind. Die Überlegung, ihnen Arbeitsbedingungen in Aussicht zu stellen, unter denen sich Familien- und Berufsleben besonders gut vereinbaren lassen, erscheint zwar naheliegend, ist aber geeignet, die traditionellen Rollenbilder zu zementieren – was den Interessen des Handwerks zuwiderlaufen würde.

Fazit: Wie halte ich meine Mitarbeiter? Wie motiviere ich meine Mitarbeiter?

 

Daumen hoch für das HandwerkBild © Adobe Stock, Robert Kneschke

Junge Handwerker zu finden und zu halten, ist nicht einfach. Entgegen den weitverbreiteten Meinungen kommt es der Generation Z nicht allein auf eine ausgewogene Work-Life-Balance an. Mindestens gleichbedeutend ist ihr Wunsch, Teil einer umfassenden Vision zu sein, die dazu beiträgt, die Welt zu verbessern.

Handwerksbetriebe sind gut beraten, sowohl bei der Rekrutierung neuer Arbeitskräfte als auch bei der Entwicklung einer Firmenphilosophie neue Pfade zu betreten.

Die Generation Z will die Welt aktiv verändern. Das ist eine großartige Chance für das Handwerk, um junge Arbeitskräfte zu gewinnen - denn es sind die Handwerker, die die Gestaltung geradezu verkörpern.